Das Pichelsteinerfest in Regen seit 1874 - Rückblick

Das Fest verherrlicht das aus unserer Waldheimat stammende Nationalgericht, "Pichelsteiner", das inzwischen in ganz Deutschland berühmt gewordene Eintopfgericht aus Stücken von Rind-, Kalbs- und Schweinefleisch, Zwiebeln, Gemüse und Kartoffeln, und benennt sich auch nach ihm. Es geht eigentlich zurück auf das Jahr 1847, als beim gemütlichen Beisammensein einiger Beamter, Geistlicher und Lehrer auf dem Büchelstein (862 m) unweit Grattersdorf ein "Festessen" geboten wurde, das man vorher noch nie genossen hatte. Es war von der Frattersdorfer Wirtin, Frau Auguste Winkler, geborene Kiesling, zubereitet worden. Die kluge "Tafelwirtin" hatte damals ein außerordentlichen schmackhaftes Mischgericht "erfunden", das sich von Grattersdorf aus auf den nahen Büchelstein (Bichelstein) befördern ließ. Sie schnitt dreierlei Fleischsorten in kleine Würfel, schmorte und dünstete sie unter Zugabe von verschiedenem Gemüse, Kartoffelscheiben und Gewürzen. Dieses Festgericht, das man nach dem Hausberg "Büchelsteiner Fleischgericht" oder einfach "Büchelsteiner" bzw."Pichelsteiner" nannte, trat seitdem seinen Siegeszug an. Heute kennt man es wohl fast in aller Welt. Hier gehts weiter zum Rezept

Das Fest in Regen aber, das sich betont "Pichelsteinerfest" bezeichnet, geht zurück auf das Jahr 1874, wie die sorgfältig geführte Festchronik beweist, die im Gründungsjahr angelegt worden ist und zuverlässigen Aufschluß über den jeweiligen Verlauf des Festes gibt. 1874 taten sich vier Regener Bürger zusammen, um anläßlich der Ende Juli gefeierten Kirchweih in feuchtfröhlicher, kleiner Runde ihr Büchelsteinerfleisch zu verzehren. Es war jeweils ein festlich ausgestalteter "blauer Montag". Die Begründer des Festes waren der Bürstenmacher Josef Hüttinger, der Zeugenschmied Xaver Sedlmayer, der Bäckermeister Peter Biller und der Gastwirt und Holzhändler Michael Loibl. Eine kleine Musikkapelle, bestehend aus vier Harfenisten, "zwei Manndl und zwei Weibl", wie es in der Festchronik heißt, haben die gute Stimmung, als man anno 1874 erstmals im Festlokal des Hofwirtes saß. Es muss urgemütlich gewesen sein, denn man hatte eigenes ein in Lederband, mit Gold-Widmungsdruck versehenes Buch, das "Grundbuch für die Gesellschaft Büchelsteiner Regen", wie es der Aufdruck nennt, angelegt. In dieser Chronik der Pichelsteiner wurde jedes Jahr in Poesie und Prosa getreulich berichtet über Anzahl und Teilnehmer und Gelingen des Festes.
Nun wurde diese "kreuzfidele" Veranstaltung Jahr für Jahr am Kirchweihmontag wiederholt und mit der Zeit zur feststehenden Einrichtung im Festkalender des damaligen Marktes Regen. Das "Fest der Gemütlichkeit" zog alljährlich weitere Kreise, wie die in der Chronik jeweils genau angegebenen Teilnehmerzahlen beweisen. 1894 verlegte man das Fest, das von Anfang an "Pichelsteiner-Fest" hieß, zu dem Bierbrauer Michl Raith "unter Arrangement der Burschenschaft Regen". Es fand immer mehr Anklang, auch bei den Sommergästen, die vor der Jahrhundertwende schon gerne in Regen Erholung suchten.

Anfang dieses Jahrhunderts nahm an diesem Feste auch ein junger Münchner Künstler teil, der öfters seinen Urlaub in Regen verbrachte, der später berühmt gewordene Kunstmaler Albert Weisgerber (geboren 1878 zu St. Ingbert, gefallen vor Ypern 1915). Er galt als einer der hoffnungsvollen Maler der neueren Münchener Kunst. Im Sommer 1902 stiftete A. Weisgerber für die Pichelsteinerchronik drei Zeichnungen, darunter die Bildnisse des Mitbegründers des Pichelsteinerfestes Josef Hüttinger und des damaligen Vorstands Georg Buchner. Es dürfte nur wenigen Kunst- und Heimatfreunden bekannt sein, dass Regens Festchronik kostbare Originale des unvergessenen Münchner Malers Albert Weisgerber verwahrt.

Wenn man heute dieses "Grundbuch" der Pichelsteiner durchblättert und außer den genannten wertvollen Zeichnungen auch die vielen guten Beiträge des heimischen Künstlers Fritz Biller betrachtet und ferner die Namen vorausgegangener Generationen mit den oft trefflichen Versen liest, überkommt einen stille Sehnsucht nach der "guten alten Zeit". Trotz Sorgen und Widerwärtigkeiten ließen sich die Bürger alten Schlages nicht unterkriegen, getreu dem Motto im Grundbuch: "Wo man Bier trinkt, kannst du ruhig lachen; böse Menschen trinken schärfere Sachen.



Das Fest weitete sich aus

Im Laufe der Jahre wurde das Pichelsteinerfest immer mehr ausgeweitet. 1904 sind erstmals ein Fest- und ein Bierredner verzeichnet. 1905 werden auch fünf "Bestgeber" aufgeführt, von denen jeder eine größere Menge Bier stiftete. Vom Jahre 1912 an trat eine längere Unterbrechung ein. Nahezu zwei Jahrzehnte schwieg die Chronik. Der erste Weltkrieg, die Inflation und die Entbehrungen der Nachkriegszeit und die Regener Kirchweih "zu einem Fremdenfest auszugestalten". Es wurde nun vom Volksfest größeren Stils ausgebaut, in dessen Mittelpunkt nunmehr ein Festzug und die feierliche Austeilung des Pichelsteineressens traten. Die Wiederholung verdankt man in erster Linie Kaufmann Josef Biller (im  Oktober 1967 92-jährig gestorben) und Alterspräsident Josef Fischer. 1931 war das Fest mit einer Neunhundertjahrfeier Regens verbunden. Nun setzte auch eine gezielte Werbung durch Plakate, Inserate, Festpostkarten und sogar durch eigene Siegelmarken ein. Als am 1. Januar 1932 der bisherige Markt Regen zur Stadt erhoben wurde, ergab sich der Anlass, das Fest noch zugkräftiger auszugestalten.


Massenbesuch und meist gutes Wetter

Das Pichelsteinerfest beginnt am Freitag vor dem 1. Sonntag nach Jakobi (Jakobi: 25.Juli) und dauert 6 Tage und sieht seit vielen Jahren eine unveränderte Festfolge vor: Samstagabend Gondelfahrt und Wasserspiele vor der Kulisse der illuminierten Stadt; Sonntagnachmittag Festzug oder Fahrzeugkorso (jährlich wechselnd); Montag "Tag des Handwerkers" mit Handwerkkundgebung am Vormittag und Picheslteinerschmaus am Mittag; Dienstag "Tag der Landwirtschaft" mit nachmittägiger Kundgebung; Mittwoch Altenbewirtung und Kinderbetreuung, Festausklang mit Feuerwerk. In der massiven Festhalle (1961 anstelle einer Holzhalle erbaut), in der Bayerwald Tierzuchthalle, im Festcafe und im Tanzsaal finden nahezu 5000 Personen Platz. Vier Musikkapellen spielen auf, und die Festfreude kennt keine Grenzen
Während der sechs Festtage herrscht fast immer schönes Wetter, auch wenn vor und nach dem Fest die Witterung noch so unfreundlich sein mag. Man spricht deshalb vom Pichelsteinerwetter.